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Brexit: Die Krux mit dem Ursprung

Das zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich Ende 2020 abgeschlossene Handelsabkommen bringt neue Herausforderungen bei Präferenzkalkulationen für Schweizer Ausführer.

Beitrag: Redaktion.

Lieferverzögerungen im Verkehr zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich haben in den letzten Wochen Schlagzeilen gemacht. Zum Teil wurden sie durch fehlende oder nicht korrekt ausgefüllte warenbegleitende Dokumente und eine dadurch bedingte langsamere Zollveranlagung verursacht. Was müssen Schweizer Exporteure neu beachten, damit ihre Ware reibungslos durch den Zoll kommt?

Probleme ergeben sich unter anderem dadurch, dass das bilaterale Handels- und Kooperationsabkommen „TCA“ zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich nicht in allen Aspekten deckungsgleich ist mit dem am 1. Januar 2021 in Kraft getretenen bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich. Dies betrifft vor allem die Ursprungsregeln.

Schwieriger Ursprung.
Das Handelsabkommen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich sieht die Möglichkeit der Kumulation von Ursprungswaren anderer Vertragsparteien des PEM-Übereinkommens (Paneuropa-Mittelmeer-Kumulierung) vor. Voraussetzung ist, dass die Vertragspartei mit der Schweiz und dem Vereinigten Königreich ein Freihandelsabkommen unterhält und dieses identische Ursprungsregeln enthält. Da die im Abkommen EU-Vereinigtes Königreich vereinbarten Ursprungsregeln nicht mit denen des Handelsabkommens Schweiz-Vereinigtes Königreich identisch sind, ist eine Kumulation von EU-Ursprungswaren im Verkehr zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich nicht mehr möglich. Daher unterliegt eine Ware mit EU Ursprung beim Export ab der Schweiz in das Vereinigte Königreich (Durchhandel) der Zollabgabe. Sofern die EU-Ursprungsware direkt von der EU in das Vereinigte Königreich befördert wird, ist die Einfuhr zollfrei.

Waren mit präferentiellem Ursprung Schweiz können abhängig von der jeweiligen Zolltarifnummer zollbegünstigt bzw. zollfrei in das Vereinigte Königreich importiert werden. Aber im Vergleich zu EU-Firmen, die in das Vereinigte Königreich exportieren, haben die schweizerischen Unternehmen strengere Ursprungskriterien zu erfüllen. Gemäß dem Vertrag Vereinigtes Königreich-Schweiz sind die Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens maßgebend (wie im Freihandelsabkommen Schweiz-EU). So ist beispielsweise im Maschinensektor eine Wertschöpfung von 60 bis teilweise 75 Prozent notwendig, um die Vorgaben der Ursprungskriterien zu erfüllen. Erschwerend kommt hinzu, dass die in der Schweiz verwendeten Vormaterialien aus der EU neu als drittländische Ware in der Präferenzkalkulation zu berücksichtigen sind.

Zusätzliche Dokumente.
Allen Sendungen in das Vereinigten Königreich müssen seit Anfang des Jahres 2021 unter anderem Handels- oder Pro-Forma-Rechnungen beiliegen, auf denen die EORI-Nummern des Importeurs sowie der Wert und die Zolltarifnummer vermerkt sind. Bei tierischen und pflanzlichen Produkten dürfen die phytosanitären Zertifikate nicht fehlen. Neu braucht es auch eine Bestätigung für Holzverpackungen, dass diese dem ISPM-15-Standard entsprechen.

Weitere Änderungen.
Im dritten Quartal dieses Jahres soll ein revidiertes PEM-Übereinkommen mit liberaleren Ursprungkriterien in Kraft treten. Dieses wird aber wahrscheinlich nicht auf Exporte in das Vereinigte Königreich angewendet werden können, da das Vereinigte Königreich, im Gegensatz zur EU und der Schweiz, das revidierte PEM Übereinkommen nicht ratifizieren will. Aus Sicht der Logistikbranche wäre es daher wünschenswert, dass die Schweiz die entsprechenden Passagen des Handelsabkommens mit dem Vereinigten Königreich nachverhandelt, um eine Deckungsgleichheit bei den Ursprungskriterien bei den bilateralen Handelsabkommen mit der EU und mit dem Vereinigten Königreich zu erreichen.

Fazit:
Angesichts der neuen Anforderung sollten Schweizer Exporteure vor dem Versand ihre Präferenzkalkulationen respektive Ursprungsnachweise detailliert prüfen, einschließlich der Aktualisierung der Lieferanteninformationen. International tätige Speditionen in der Schweiz wie die Dachser Spedition AG bieten ihren Kunden hierzu umfassende Unterstützung an. Ziel ist es, Sendungen reibungslos, rechtskonform, pünktlich und gegebenenfalls mit einem formell gültigen Ursprungsnachweis über die Zollgrenzen in das Vereinigte Königreich zu bringen. (RED)

Quelle: LOGISTIK express Ausgabe 1/2021

 

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