Darum bleibt der Mensch für die Industrie 4.0 unentbehrlich

Intelligente Roboter, automatisierte Abläufe im Logistikprozess oder zielgerichtete Industrieverfahren – viele Unternehmen träumen von einer Smart Factory. Daran hat sich auch 2021 nichts geändert. Zu Recht! Jedoch zeigt gerade dieses Jahr, dass der Mensch weiterhin die ausführende Kraft bleibt. Den angekündigten Rückgang menschlicher Arbeitskräfte hat es nicht gegeben. Und auch in 2022 wird sich daran eher nichts ändern. Mehr denn je wird es aber darauf ankommen, digitale Prozesse und menschliches Handeln zu integrieren, Daten lösungsorientiert auszuwerten und eine bessere Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine zu ermöglichen.

Geht es um Industrie 4.0 und die Digitalisierung logistischer Prozesse, fallen häufig Begriffe wie Digital Twin und Künstliche Intelligenz (KI). Mit Ausblick auf das Jahr 2022 werden viele Trends und Wünsche für eine bessere Industrie und smartere Produktionshallen laut. Auch die Folgen der Corona-Pandemie hallen weiterhin nach und bestimmen noch immer den Arbeitsablauf einiger Unternehmen. Zukünftig werden nicht nur mehr Flexibilität in der Produktion, sondern auch auf Manager-Level gefordert. Allerdings gilt es dabei, sich nur mit einer Top-Down-Perspektive zu begnügen. Von einer besseren Zusammenarbeit innerhalb unterschiedlicher Abteilungen kann das ganze Unternehmen bis hin zu den im Lager arbeitenden Menschen profitieren.

Die Welt, der Konsum und die zugrundeliegenden Supply Chains verändern sich teilweise rasant. Der damit einhergehende Zwang zu flexiblen Prozessen bleibt dagegen konstant. An welchen Stellschrauben lässt sich jedoch drehen? Welche Muster lassen sich erkennen? Wo liegen etwaige Optimierungspotenziale?

So banal das auch klingen mag: Grundlage dafür bildet die zielführende Analyse von Daten. Nur woher kommen eben diese Informationen? Maschinen sammeln sie im Grunde ja automatisch. Wie aber steht es mit dem Menschen? Umso mehr da man hier natürlich auch den Datenschutz beachten muss. Wearables wie beispielsweise ein smarter Handschuhscanner können diese Lücke schließen. Die Voraussetzung dabei ist natürlich, dass man die Daten aggregiert und in anonymisierter Form verarbeitet. Dann jedoch lassen sich etwa Time-Motion-Studien durchführen, Hotspots und Blocker erkennen oder auch Vergleiche von Arbeitsstationen vornehmen. Der Human Digital Twin rückt damit also in Reichweite.

Digitale Vernetzung von Mensch und Maschine ist der Schlüssel zur Industrie 4.0
Immer mehr Systeme sollen den Menschen mit der digitalen Produktionsumgebung vernetzen. Die Automatisierung schreitet weiter voran und somit auch die Aufgabe für den Mensch diese zu überprüfen. Denn programmierte Maschinen funktionieren zwar perfekt für die Aufgabe, für die sie konzipiert wurden, doch das Denken kann nur ein Mensch übernehmen. Allein der Mensch ist in der Lage unvorhergesehene Situationen unmittelbar auszuwerten und spontane Entscheidungen zu treffen. Zeigt eine Maschine eine Fehlermeldung an und schaltet sich ab, bleibt sie abgeschaltet. Erst der Mensch führt eine Maschine also zur Wertigkeit. Oder andersrum: Maschinen entfalten ihren Sinn erst, wenn sie dem Menschen nutzen. Die Zielsetzung der Industrie 4.0 wird es also auch zukünftig sein, das Bestmögliche aus KI-gesteuerten Maschinen herauszuholen und mit den Fähigkeiten des Menschen zu verbinden. Denn eine Künstliche Intelligenz oder andere Technologie, die bisher ohne unbekannte Probleme intuitiv funktioniert und korrekt handelt, gibt es nicht und wird es in naher Zukunft auch nicht geben. Technologie schafft Freiräume für Menschen, um diese bei bestimmten Anforderungen zu entlasten und deren Weiterentwicklung voranzutreiben. Der Schlüssel der Produktion ist es deshalb, eine einwandfreie Vernetzung von Mensch und Maschine herzustellen. Gerade darum geht der Trend eben auch zu intelligenten Wearables.

Human Digital Twin als reale Zukunftsvorstellung.
Auch im nächsten Jahr werden etliche neue Trends das Licht der Welt erblicken. Ob das die Digitalisierung beschleunigen wird, sei dahingestellt. Entscheidend bleibt es aber in erster Linie, deren Möglichkeiten angemessen einzuschätzen. Technologien wie zum Beispiel VR und AR können dabei helfen, potenzielle Szenarien durchzuspielen, um auf dieser Basis Vorhersagen zu treffen. Dabei kann es sich um virtuelle Modelle wie z.B. eine neue Lagerhalle handeln, jedoch auch um die Abläufe und Prozesse innerhalb des Unternehmens.

Doch auch im Arbeitsablauf können so wichtige Daten über die Prozesse aller Mitarbeitenden gesammelt und deren Arbeitswege so sinnvoller gestaltet werden. Industrie Wearables wie beispielsweise smarte Handschuhscanner werden vom Mitarbeiter auf dem Handrücken getragen. Sie liefern deshalb sozusagen die wahre Geschichte des Shop Floors. Derlei Daten maximieren ihren Wert übrigens, wenn man sie mit den Daten in anderen Enterprise-Systemen wie ERP, WMS, MDM oder BI verbindet. Denn sie schaffen so eine vollkommen neue Perspektive, weil sie eine Bottom-Up-Ansicht der Werks- und Betriebshallen erzeugen. Eben die fehlt nämlich in den allermeisten Fällen.

Der digitale Zwilling ist dabei jedoch mehr als nur das virtuelle Abbild einer einzelnen Person. Er ist die Kombination von Daten, Ansichten und Aktivitäten. Sein Zweck besteht nicht darin, den Menschen zu ersetzen, sondern ihn zu ergänzen, ihn zu schützen, ihn zu stärken.

Man darf gespannt sein, welche Neuerungen in 2022 den Markt bereichern werden. Manche werden wieder verschwinden, ohne dass man sie richtig zur Kenntnis genommen hat. Die alles entscheidenden Fragen werden sie dabei darum drehen, welchen Wert sie realisieren können und mit welchem Aufwand sie bei der Einführung verbunden sind. Industrie Wearables amortisieren sich oft in weniger als sechs Monaten. Sie steigern die Effizienz und entlasten den Mitarbeiter vor Ort. Zudem lassen sie sich ohne große Hürden einführen und sind ein wesentlicher Schritt in Richtung des Human Digital Twin. Vor allen Dingen aber stellen sie den Menschen endlich wieder in den Mittelpunkt. Und wenn 2021 etwas gezeigt hat, dann dass das unbedingt nottut. (RED)

 

LOGISTIK express Journal 5/2021

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