Der letzte macht das Licht aus! Innovationen in der Intralogistik.

Sprechen wir von Innovationen in der Logistik, dann geht es in der Regel um das Transportwesen. Platooning, Autonomie, Echtzeit-Daten zur besseren Auslastung von LKWs, Containern und Schiffen. Im Schatten disruptieren neue Technologien Terminals, Warenhäuser, die Intralogistik – die neuen großen Innovationsfelder.

Gastbeitrag: Henry Palmer, Partner bei Amplifier Ventures.

Nein, die Logistik besteht nicht nur aus dem Transportwesen. Nicht nur aus Trucks, Flugzeugen, dem Schienenverkehr oder der Schifffahrt. Branchenkennern muss man das sicher nicht erklären. Der Öffentlichkeit scheinbar schon. Denn horchen wir in die öffentlichen Debatten rund um Innovationen in der Logistik, riskieren wir einen Blick in die Zeitungen und die Meinungsartikel, erhält man den Eindruck Innovation und Disruption entstünden hauptsächlich im Transport. Doch heimlich, still und leise haben sich Warenhäuser und Terminals – die Intralogistik
– zu den großen Innovationstreibern aufgeschwungen. Sie profitieren von enormen Fortschritten in der Robotik und der Künstlichen Intelligenz. Genauer gesagt: In den Bereichen Neural Technology und Computer Vision.

Kurzum: Roboter und autonome Technologien können immer komplexere und kleinteiligere Aufgaben übernehmen. Ein Beispiel dafür sind Cobots; kleine, kompakte Roboter, die Seite an Seite mit dem Menschen arbeiten können. Durch den technologischen Fortschritt beobachten wir außerdem einen Demokratisierungsprozess in der Robotik. Die Anwendungsgebiete werden einfacher, die Technologie verständlicher für den Otto Normalverbraucher.

Mehr Unternehmen nutzen Roboter und autonome Technologien, mehr Unternehmen produzieren sie. Dies senkt den Preis und steigert die Verfügbarkeit. Diese Demokratisierung von Technologie ist ein in der Geschichte immer wieder vorkommender Vorgang. Das Internet oder sogar Elektrizität waren irgendwann mal ebenfalls nur für eine handvoll an Menschen zugänglich. Auf dem freien Markt erreichten technologische Erfindungen jedoch immer irgendwann einen Wendepunkt, der die ersehnte Innovation für die breite Masse öffnete.

Vergangene Hürden in der Robotik werden übersprungen.
Durch die fortschrittlichere und kostengünstigere Technologie werden drei große Hürden für die Anschaffung von Robotern oder autonomen Technologien übersprungen.

Namentlich: Vertragslängen und Break Even. 3PL Verträge in der Logistik laufen für gewöhnlich über drei Jahre. Bis vor kurzem waren es im Durchschnitt noch fünf Jahre. Angesichts der geringen Margen und der Tatsache, dass der Break-Even in der Regel erst am Ende des zweiten Jahres erreicht wird, war die Einführung und Integration neuer Robotik und autonomer WMS eine große finanzielle Herausforderung. Jetzt beschleunigen günstigere Technologien sowohl Break-Even als auch den Return on Investment.

Anwendungsgebiete: Gerade in Lagerhäusern variieren die Aufträge für Maschinen von hochkomplexen Manipulationsaufgaben bis hin zu Transportaufgaben mit begrenzter Variabilität. Ein Beispiel: Eine Manipulationsaufgabe könnte die Konfiguration von Kisten auf eine Palette sein, aber auch die Identifizierung und Sortierung ähnlicher, aber unterschiedlicher Gruppen von Gegenständen in einem Behälter.

Früher war dies für Roboter nur schwerlich möglich, doch inzwischen können sie auch solche Aufgaben erfüllen. Setup- und Trainingskosten: 70 Prozent der Kosten im Lebenszyklus eines Roboters fallen durch das Setup, die Programmierung und das Training an. Insbesondere in den Bereichen der künstlichen Intelligenz und im Verstärkungslernen kann der technologische Fortschritt diese Anfangskosten reduzieren. Dadurch haben Unternehmen insgesamt viel niedrigere Gesamtkosten bei der Integration von Robotersystem und profitieren von erhöhter Anpassungsfähigkeit und Benutzerfreundlichkeit.

Das Lights-Out-Lagerhaus.
Mit dem technologischen Fortschritt, insbesondere im Bereich Autonomie, bewegen wir uns weiter in Richtung des Lights-Out-Lagerhauses. Doch warum der plötzliche Innovationsanstieg in Lagerhäusern und Terminals? Arbeitskräftemangel und Personalkosten: In der Logistik sind Personalkosten und Treibstoff die größten Kostentreiber (zwischen 30 und 75% der Betriebskosten). Zeitgleich fehlen Arbeitskräfte aufgrund des eCommerce-Booms und dem damit einhergehenden Bedarf an neuen Arbeitskräften.

Arbeitssicherheit: Der Konkurrenz- und Zeitdruck durch das Online-Geschäft provoziert Fehler in den Warenhäusern und der Auslieferung. 2017 verursachten Unfälle und Verletzungen am Arbeitsplatz Kosten von 476 Milliarden Euro in der EU (EU-OSHA).

Der Amazon-Effekt: Der e-Commerce-Boom überstieg alle Prognosen. Inzwischen hat das e-Commerce-Handelsvolumen die 3-Billionen-Dollar-Marke geknackt. Der Bedarf an zusätzlichen Kapazitäten in Lagerhäusern und einer schnellen Verarbeitung der Bestellungen – inklusive raschem Versand und Same-Day-Delivery – ist höher denn je.

Den Transport in den Schatten stellen.
Die Fakten sprechen für sich: Als wichtiges Bindeglied im Logistik- und Transportsektor treibt die Intralogistik die Förderung von Innovationen im gesamten Bereich voran. Der rasche Fortschritt der Robotik und der künstlichen Intelligenz haben es ermöglicht, Lagerhäuser und Terminals zu bauen, die in der Lage sind, immer größere Volumen und Abweichungen in SKUs (Stock Keeping Units) zu bewältigen. So können Einzelpersonen und Unternehmen Bestellungen schneller als je zuvor erhalten. Natürlich gibt es ein Limit, wie viel schneller der Transportweg über Land, zu Wasser oder in der Luft noch werden kann. Dennoch: Die Effizienzsteigerung der Warenhäusern und Terminals bringt massive Vorteile für die gesamte Lieferkette mit sich. Die unglaubliche Geschwindigkeit der Abläufe an fortgeschrittenen Standorten verdeutlicht dies bereits jetzt. (HP)

Quelle: LOGISTIK express Ausgabe 5/2020

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